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öffentlich


Rechtsaufsichtsbeschwerde des Herrn GRM Sielmann vom 08.09.2023 bezüglich der Besetzung der Ausschüsse des Marktgemeinderats, des Verwaltungsrats der Gemeindewerke Garmisch-Partenkirchen und des Aufsichtsrats der GaPa Tourismus GmbH; Anhörung durch das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen vom 25.01.2024 zur Neuberechnung und ggf. Neuverteilung der Ausschusssitze in den Ausschüssen des Marktgemeinderats Garmisch-Partenkirchen



Sachvortrag:

Mit Email vom 02.05.2023 zeigten Frau GRM Edenhofer und Herr GRM Sielmann die Gründung der Fraktion Freie und Liberale für Garmisch-Partenkirchen an.
 
Seitens des Marktes Garmisch-Partenkirchens wurde ihnen mit Email vom 03.05.2023 geantwortet, dass sich aufgrund ihrer unveränderten Parteizugehörigkeiten am Stärkeverhältnis im Marktgemeinderat damit gem. Art. 33 GO noch nichts geändert hat. Im Übrigen wurden sie als Fraktion anerkannt. Noch am selben Tag ging das Arbeitsprogramm der Fraktion Freie und Liberale für Garmisch-Partenkirchen ein. Mit Email vom 13.05.2023 informierte Herr GRM Sielmann dann über den Austritt von Frau GRM Edenhofer aus der Partei Freie Wähler.
 
Mit Schreiben vom 17.05.2023 wurde Frau GRM Edenhofer Gelegenheit dazu gegeben, sich bis 24.05.2023 dazu zu äußern, dass ihr Parteiaustritt zum Verlust der bisherigen Ausschussmitgliedschaften führt und sie zur parteilosen Einzelvertreterin im Gemeinderat macht (vgl. dazu Landratsamt Garmisch-Partenkirchen vom 01.09.2022, Ausschussbesetzung und Austritt aus der Wählervereinigung durch Frau Edenhofer). Die Fraktionsgründung selbst führt allein aber noch nicht zu einer weiteren relevanten Änderung der Stärkeverhältnisse im Marktgemeinderat. Bis zum 24.05.2023 erfolgte keine Äußerung. Dann beantragte Frau GRM Edenhofer mit Email vom 04.06.2023 unter Verweis auf die erfolgte Fraktionsgründung die Zuweisung von Ausschusssitzen. Mit Email vom 06.06.2023 wurde ihr darauf unter Verweis auf das Anhörungsschreiben vom 17.05.2023 mitgeteilt, dass ohne Mitteilung von Gründen, die zu einer anderen rechtlichen Neubeurteilung führen könnten, unverändert von einer ausschussunwirksamen Fraktionsgründung auszugehen ist.
 
Behandelt wurde die Angelegenheit dann in der Sitzung des Gemeinderats vom 22.06.2023. Vorschlagsgemäß wurde der Verlust der Ausschusssitze von Frau Edenhofer wegen Parteiaustritts und die teilweise Neubesetzung der freigewordenen Ausschusssitze,  - weil ausschussunwirksam - ohne Berücksichtigung der Fraktionsgründung Freie und Liberale für Garmisch-Partenkirchen beschlossen. Auf TOP 3 und 4 des Protokolls der damaligen Sitzung wird Bezug genommen.
 
Hiergegen richtete sich die Rechtsaufsichtsbeschwerde von Herrn GRM Sielmann mit Email vom 08.09.2023; zu der der Markt Garmisch-Partenkirchen mit Email vom 12.09.2023 angehört wurde und mit Email vom 17.10.2023 (Anlage 1) Stellung nahm.
Ausweislich der Email vom 19.01.2024 (Anlage 2) sieht das LRA jetzt in der i.R.d. Prüfung nachgereichten Erklärung von Frau Edenhofer vom 22.11.2023, sich voll und ganz zu den politischen Zielen der Fraktion Freie und Liberale für Garmisch-Partenkirchen zu bekennen, eine ausreichende Grundlage dafür, den Markt Garmisch-Partenkirchen um eine Neuberechnung und ggf. Neuverteilung der Ausschusssitze zu bitten. Der Beschluss des Marktgemeinderats vom 22.06.2022 wird nicht beanstandet. Das Schreiben ist aber in Abhängigkeit vom weiteren Vorgehen des Marktes als Anhörung vor dem evtl. Ergreifen rechtsaufsichtlicher Maßnahmen nach Art. 112 GO zu betrachten, weshalb nunmehr die Rechtslage aufgrund neuen Sachverhalts erneut ergebnisoffen geprüft wurde.
 
Bei der Bestellung der Ausschussmitglieder hat der Gemeinderat gemäß Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Leider gehen die Kommentierung und die Rechtsprechung oft vom Normalfall aus, in dem eine Wählergruppe/Partei eine Fraktion bildet und setzen in ihren Ausführungen deshalb oft Wählergruppe/Partei und Fraktion sprachlich gleich. Diese Gleichsetzung ist allerdings nur eine sprachliche und keine rechtliche (BayVGH vom 15.07.1992, Az. 4 B 91.3106). Eine für die Ausschussbesetzung beachtliche Änderung des Stärkeverhältnisses liegt daher nur dann vor, wenn der Eintritt oder Übertritt eines Gemeinderatsmitglieds in eine andere Fraktion eine Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften verbunden mit der Hinwendung zu einer neuen Gruppierung darstellt (BayVGH vom 07.12.2020, Az. 4 CE 20.2032 m.w.N.). Zum besseren Verständnis wird auf den dort ebenfalls zitierten Aufsatz von Peter Raithel (https://www.bay-gemeindetag.de/media/23468/e-baygt_06-2020_200605_ds.pdf, S. 325 ff - siehe auch Anlage3) verwiesen. Ob eine solche Abkehr von bisherigen Positionen und Wählerschaften vorliegt, ist anhand des konkreten Sachverhalts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vor Ort zu entscheiden.
 
Seit dem 22.11.2023 liegt dem Landratsamt Garmisch-Partenkirchen nun eine Erklärung von Frau GRM Edenhofer vor, nach der sie sich voll und ganz zu den politischen Zielen der Fraktion Freie und Liberale für Garmisch-Partenkirchen bekennt.  Zuvor hatte Herr GRM Sielmann mit Email vom 08.09.2023 noch erklärt, Frau GRM teile die kommunalpolitischen Ziele, die die FDP in ihrem Wahlprogramm 2020 bis 2026 für die letzten Kommunalwahlen festgelegt hat. Inwieweit dieser letzten Erklärung gefolgt werden kann, sei einmal dahingestellt. Zur Besetzung des Kreisausschusses muss sich Frau Kreisrätin Edenhofer dahingehend eingelassen haben, dass sie in der FWG-Fraktion des Kreistages bleiben wird, da sich die Probleme ausschließlich auf den Marktgemeinderat in Garmisch-Partenkirchen und nicht auf den Kreistag beziehen würden (Schreiben des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom 09.02.2024, Az. BdL-01403). Das weist weniger auf eine Abkehr von politischen Positionen und Wählerschichten, sondern eher auf persönliche Befindlichkeiten der handelnden Personen.
 
Im konkreten Einzelfall sind damit folgende Konstellationen denkbar:
-         Frau GRM Edenhofer will künftig der Gruppe/Fraktion FDP angehören.
-         Frau GRM Edenhofer will eine nicht ausschusswirksame Zusammenarbeit mit der FDP.
-         Frau GRM Edenhofer will eine Ausschussgemeinschaft i.S.v. Art. 33 Abs. 1 Satz 5 GO (dazu IMS vom 05.01.2023, Az. B 1-1425-3-5, BayVGH vom 19.10.2022, Az. 4 BV 22.871).
-         Nicht nur Frau GRM Edenhofer verlässt ihre, sondern auch Herr GRM Sielmann verlässt seine Partei und beide bilden dann die Gruppe/Fraktion Freie und Liberale für Garmisch-Partenkirchen.
Welche Konstellation nun konkret vorliegt, lässt sich ohne weitere Erklärungen der Beteiligten nicht klären und damit bleibt offen, wovon bei einer Neuberechnung und ggf. Neuverteilung der Ausschusssitze denn auszugehen wäre.
 
Bei einer Neuberechnung und ggf. Neuverteilung der Ausschusssitze wäre gleiches für den Verwaltungsrat der Gemeindewerke und den Aufsichtsrat der GaPa Tourismus GmbH erforderlich. Das Spiegelbildprinzip des Art. 33 Abs. 1 Satz 2 GO findet zwar keine unmittelbare Anwendung (IMS vom 02.02.2023, BayVGH vom 09.01.2023, Az. 4 ZB 22.2095). Deren Unternehmenssatzungen erklären ihn aber für mittelbar anwendbar (§ 5 Abs. 3 bzw. § 13 Nr. 2 Buchst. d).
 
Noch seitens Herrn Hopfenspergers, Landratsamt Garmisch-Partenkirchen, war dem Markt Garmisch-Partenkirchen (vgl. Aktenvermerk vom 23.01.2013, Az. 33 - .) für einen Fall wie dem vorliegenden ein Fahrplan nahegelegt worden, der wegen vertraulicher Inhalte wie folgt wiedergeben wird:
 
  1. Sämtliche Aus-, Über- und Beitritte zu den Fraktionen und Parteien bzw. Wählergruppen sollten, soweit sie nicht bereits schriftlich gegenüber dem Markt erfolgt sind, schriftlich angefordert werden (unterschrieben). Dabei sollte erklärt werden, ob ein Gemeinderatsmitglied aus der Fraktion austritt, aus der Partei oder Wählergruppe austritt und/oder sich von seinen bisherigen Wählerschaften lossagt (vgl. Prandl, Rn. 9.1 zu Art. 33 GO).
  2. Danach ist zu ermitteln, ob sich das Stärkeverhältnis im Gemeinderat dadurch so verändert hat, dass sich dies auf die Besetzung der Ausschüsse auswirkt. Ist dies der Fall, sind die Ausschüsse neu zu besetzen. Das ist für jeden Ausschuss eigens zu prüfen.
  3. Sofern eine Neubesetzung der Ausschüsse erforderlich wird, müssen die betroffenen entsendenden Parteien und Gruppierungen gefragt werden, wie der Wechsel vonstatten gehen soll. Dies betrifft sowohl die Parteien und Gruppierungen, die einen Sitz abgeben müssen, als auch die, die einen Sitz hinzugewinnen.
  4. Verliert eine Partei oder Wählergruppe einen Sitz, der nicht mit dem ausgetretenen Mitglied besetzt war, hat die Partei oder Gruppierung zu entscheiden, welches Mitglied aus dem Ausschuss abberufen wird (vgl. Prandl, Rn. 9.2 zu Art. 33 GO) und dem Gemeinderat einen Vorschlag zu unterbreiten. Der Gemeinderat ist an den Vorschlag gebunden.
  5. Gewinnt eine Partei oder Wählergruppe einen Sitz, muss sie sich entscheiden, wer in den Ausschuss entsandt wird (dies muss kein Mitglied der Partei oder Wählergruppe sein). Die entsendende Partei oder Wählergruppe entscheidet, wer zusätzlich in den Ausschuss entsandt wird (vgl. Prandl, Rn. 9.2 zu Art. 33 GO). Der Gemeinderat ist an den Vorschlag gebunden.
  6. Ändert sich bei einer Partei oder Wählergruppe das Stärkeverhältnis im Gemeinderat nicht, kann sie ohne triftigen Grund kein Ausschussmitglied gegen dessen Willen abberufen (so zuletzt bei den Freien Wählern, Stand: 28.07.2022, vgl. Prandl, Rn. 6  zu Art. 33 und Dr. Gaß, IM in KommPr 42/2009).
  7. Sofern Ausschüsse neu zu besetzen sind, hat dies unverzüglich zu erfolgen. D.h. sobald die entsprechenden Erklärungen vorliegen hat der Gemeinderat die Neubesetzungen vorzunehmen. Sofern in der Zwischenzeit Sitzungen der Ausschüsse abgehalten werden, sind sie wie bisher besetzt einzuberufen und auch so beschlussfähig (h.M., vgl. Prandl, Rn. 4.3 zu Art. 33 GO, Widtmann, Rn 15 zu Art. 33 GO; auch Mösbauer, IM in KommPr 296/2001).
  8. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich weitere Veränderungen (z.B. Ausschussgemeinschaften, weitere Übertritte usw.) ergeben, kann der Markt mit einer Neubesetzung nicht warten, bis die letzte Entscheidung hierzu gefallen ist. Er muss ggf. die verschiedenen Neubesetzungen einzeln betrachten und sofern nötig einzeln zeitnah entscheiden (für jeden Ausschuss und für jede Änderung).
  9. Der Gemeinderat muss über jede Veränderung beschließen. Er ist dabei an die Vorgaben der entsendenden Parteien und Wählergruppen gebunden. Werden Neubesetzungsanträge gestellt, denen man nicht nachkommen kann, hat der Gemeinderat auch darüber zu beschließen.
  10. Sofern der Markt gestützt auf abweichende Literaturmeinungen und ältere Rechtsprechung zum aktuellen Stärkeverhältnis im Gemeinderat einen abweichenden Standpunkt bezieht, sollte zunächst keine Entscheidung getroffen werden, sondern selbst das Innenministerium über das Landratsamt eingeschaltet werden.
 
Unter Hinweis auf die Rechte anderer Fraktionen wird vor diesem Hintergrund um vorschlagsgemäße Beschlussfassung gebeten.
 
 
Ulrike Bittner-Wolff, Mitglied des Marktgemeinderates, bittet um eine separate Abstimmung der Beschlussvorschläge 1 bis 3. Hiermit besteht Einverständnis von Seiten der Mitglieder des Marktgemeinderates.
 
Mitglied des Marktgemeinderates Martin Sielmann erklärt daraufhin, dass sich die Mitglieder der Freien und Liberalen Fraktion für Garmisch-Partenkirchen, Lilian Edenhofer und er selbst, der Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt enthalten werden. Frau 1. Bürgermeisterin Elisabeth Koch erklärt, dass dies nach Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GO rechtswidrig ist und sie sich weitere Schritte nach Art. 48 Abs. 2 GO vorbehält. Herr MGR Sielmann erklärt während der laufenden Sitzung schriftlich, dass er sich eigentlich im Krankenstand befindet und das Verlassen des Sitzungsraums für Lilian Edenhofer und sich entschuldigt, da es ihm nicht gut ging und Frau GRM Edenhofer ihm Beistand leisten musste.
 
Martin Sielmann, Mitglied des Marktgemeinderates, erklärt weiterhin, dass er auf keinen Fall seine FDP-Mitgliedschaft kündigen will bzw. wird.
 
 

Beschluss:
 
1.    Dem Landratsamt Garmisch-Partenkirchen wird im Rahmen der Anhörung anhand der denkbaren Fallkonstellationen (s.o.) aufgezeigt, dass ohne weitere Sachverhaltsaufklärung eine Neuberechnung und ggf. Neuverteilung der Ausschusssitze weder möglich noch veranlasst ist.
 
Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:
26
Nein-Stimmen:
1
Persönlich beteiligt:
0
Anwesende Mitglieder:
27
 

  1. Bürgermeisterin Elisabeth Koch stellt fest, dass der Beschlussvorschlag angenommen ist.
 
2.    Der Markt Garmisch-Partenkirchen versucht (nochmals) durch Anhörung von Frau GRM Edenhofer und Herrn GRM Sielmann den Sachverhalt in der erforderlichen Weise selbst aufzuklären.
 
Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:
26

Nein-Stimmen:
1
Bräu namentlich
Persönlich beteiligt:
0

Anwesende Mitglieder:
27

 

1. Bürgermeisterin Elisabeth Koch stellt fest, dass der Beschlussvorschlag angenommen ist.
 
 
 
3.    Solange keine neuen Erkenntnisse vorliegen, wird der Markt Garmisch-Partenkirchen gegen evtl. Maßnahmen des Landratsamts nach Art. 112 GO den Rechtsweg beschreiten (Klage und ggf. Eilverfahren).
 
Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:
19

Nein-Stimmen:
8
Hofer namentlich
Persönlich beteiligt:
0

Anwesende Mitglieder:
27

 

1. Bürgermeisterin Elisabeth Koch stellt fest, dass der Beschlussvorschlag angenommen ist.
 
 
Mitglied des Marktgemeinderates Dr. Stephan Thiel bittet um Vermerk in der Niederschrift, dass die 1. Bürgermeisterin Elisabeth Koch ohne Abstimmung durch die Mitglieder des Marktgemeinderates die Rednerliste geschlossen hat.

 



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